Dänemark ist bekannt als Land mit ausgeprägtem Umweltbewusstsein – kein Wunder also, dass auch die Elektromobilität weit verbreitet ist. Nahezu 15 % (Stand 2023) der Ferienhäuser verfügen sogar über eine eigene Ladestation. Wie man sich auf die Anreise mit dem eigenen E-Auto nach Dänemark vorbereitet, hat Ingo recherchiert.
Schon das fünfte Mal fahren wir dieses Jahr in den Urlaub nach Norddänemark. Wir haben uns von unseren Kindern, und die von den Eltern unseres Schwiegersohns, die bald ihren 30. Urlaub in Nørlev Strand feiern, anstecken lassen.
Die Ferienhäuser und vor allem die Gegend mit tollem Strand, Landschaft und die schönen Orte um Nørlev Strand bei Lønstrup sind einmalig schön, die lange Autofahrt von Bremen aus lohnt sich. Ab dem ersten Urlaubstag fühlen wir Hygge und sind dort zuhause. Selbstverständlich darf wie jedes Jahr der Sonnenuntergang in den Dünen am Leuchtturm Rubjerg Knude nicht fehlen.
Die Vorbereitungen sind bereits Routine, bist jetzt. Dies Jahr ist alles anders. Zum ersten Mal werden wir mit unserem PKW Kia EV6, rein elektrischer Antrieb, im Juli/August 23 unterwegs sein. Die Reichweite unseres Autos ist mit 400 - 500 km, je nach Fahrweise, groß, die 800V-Ladetechnik unseres PKW besonders schnell, aber dafür benötigt man auch entsprechende Schnell-Ladesäulen (HPC), sonst nutzt die Technik wenig und man wartet auch länger beim Aufladen zur Weiterfahrt.
Eigentlich soll die Lade-Infrastruktur in Dänemark gut sein, schon mehrere Jahre konnten wir dort viele Teslas herumfahren sehen. Verschiedene Nachfragen bei Leuten in Dänemark brachten keine richtige Erkenntnis, also heißt es: genau Vorplanen, wo man wie am besten aufladen kann.
Ausgerüstet zum Freischalten der Ladesäulen sind wir bisher mit der Kia- und der Chargemap-Ladekarte. Um günstig an den Ionity-Ladesäulen, an denen es extrem schnell geht, laden zu können (bei unserem Auto tatsächlich von 20 auf 80% in 18 Minuten, die Kia-Werbung stimmt), haben wir einen entsprechenden Zusatzvertrag auf der Kia-Ladekarte.
Nach gut einem Jahr innerhalb Deutschlands können wir sagen, dass wir so sehr gut ausgestattet sind, nur positive Erfahrungen gemacht haben und immer prima rein elektrisch überall gut und schnell hinkamen. Nie wieder etwas anderes als ein rein elektrisches Auto mit schneller Ladetechnik – Fahrspaß pur, die Investition hat sich gelohnt!
Die Vorplanung der Fahrt ergab schnell, dass bis kurz vor Aalborg genügend günstige, schnelle Ionity-Auflademöglichkeiten an der E45 bestehen sollen. Danach, Richtung Norden, scheint uns der Ionity-Vertrag nicht mehr weiterzuhelfen. Jetzt heißt es, genauer den Aufenthalt bzw. das Herumfahren im Norden Dänemarks zu planen.
Schnell fanden wir heraus, dass der Dänische Energieversorger Norlys einige mittelpreisige Schnell-Ladesäulen (4,50 DKK/kWh) beispielsweise in Lønstrup, Hjørring, Hirtshals und vor Skagen hat. Der Versuch, eine Ladekarte dafür zu bekommen scheitert daran, dass wir nicht dauerhaft in Dänemark wohnen. Wir bekommen von Norlys aber auf eine zweite Nachfrage hin die Info, dass man bei Hinterlegung der Kreditkarte in der Norlys-App die Möglichkeit hat, über die App zu laden.
Weitere Recherchen haben ergeben, dass es vorteilhaft sein könnte, auch eine Shell-Ladekarte (ohne Grundgebühr) bei sich zu haben. Es gibt einige Ladesäulen, bei denen man über Shell mittelpreisig Tanken kann.
Dann zu unseren Kia- und Chargemap-Ladekarten: Sie gelten an diversen Ladesäulen (nicht an allen), aber zu sehr unterschiedlichen Strompreisen, je nach Anbieter der Ladesäule. Durchgängig scheint es in Dänemark so zu sein, dass die Chargemap-Karte teilweise deutlich teurer als das Laden über die Kiakarte ist.
Am günstigsten scheint es am Tesla-Supercharger in Hjørring tagsüber zu sein für 2,95 DKK/kWh mit der Kia-Karte. Der Supercharger soll für Nicht-Tesla-Kunden offen sein (über Tesla-App mit hinterlegter Kreditkarte), am teuersten scheint es an allen EON-Ladesäulen zu sein für 8,1 DKK/kWh.
Teilweise kommen je nach Ladesäule Basis-Startgebühren und/oder Minutenpreise im Centbereich sowie an einzelnen Standorten deutliche Strafgebühren nach längerer Ladezeit hinzu. Die Anzahl der Ladesäulen je Standort (1 bis 16) und auch die Stärke (zwischen 22 kW und 300 kW) scheint sehr unterschiedlich, wobei man häufig 22-kW-Säulen, seltener 50 kW und noch deutlich seltener noch stärkere Ladesäulen zu finden scheint.
Da wir dieses Jahr kein Ferienhaus mit Ladestation hatten, haben wir mit den Ladeapps in der Region, in der wir den Urlaub verbringen, genauer recherchiert und neben den Ladekarten und Apps eine eigene Tabelle an Bord mit Infos, wo das Volltanken am günstigsten und schnellsten möglich sein soll.
Je nach Ladekarte und Standort scheinen sehr schnell Preisunterschiede zwischen 20 Euro bis hin zu 60 Euro für „einmal Volltanken“ zu entstehen, es lohnt sich also, sich einen Abend zur Vorbereitung hinzusetzen. Soweit die Theorie …
Jetzt geht es los, der Akku zuhause ist zu 100% geladen. An der Raststätte „Brokenland Ost“ das letzte Mal in Deutschland den Akku während eines kurzen "Sanitärstopp" auf 80% “aufgefüllt“. Überraschend angenehm dabei, dass direkt ein Ionity-Mitarbeiter an den Ladesäulen herbeieilt um darauf aufzupassen, dass die verschiedenen Autos in der richtigen Reihenfolge des Ankommens dran kommen, sich niemand vordrängelt bzw. noch Tipps zu geben, falls nötig. Auf Nachfrage hin teilte er mit, dass das ein Zusatzservice von Ionity in der Ferienzeit wäre.
Nach Sightseeing- und Übernachtungsstopp in Flensburg (sehr empfehlenswert) geht es entspannt über die Grenze.
Ein erster, unproblematischer Ladestopp in Aabenraa liegt hinter uns. Dann geht es weiter von Ionity- zu Ionity-Ladepark über Skanderborg und Nøranger. Alles hat problemlos und schnell geklappt, abgerechnet in DKK zu umgerechnet 0,295 €/kWh, überall wieder ein IONITY-Mitarbeiter zur Unterstützung bei Bedarf anwesend. In Nøranger haben wir dann eine halbe Stunde getankt, um mit 100% in den Norden zu fahren.
Wie in der Vorplanung schon herausgefunden, gibt es im Norden Dänemarks keine Möglichkeit, weiter günstig über IONITY zu tanken. Einzelne Ladesäulen findet man immer in Städten wie Hjørring dann massiv gehäuft von unterschiedlichen Anbietern, leider fast nur 22 kW. Unsere Überraschung: Scheinbar haben nahezu alle Anbieter die Preise gegenüber der Vorplanung erhöht, es heißt also bei Ladebedarf neu gucken.
Überraschung Nummer zwei: Statt der sehr günstigen "Sperto-"Schnelladestation in Hjørring (laut Ladeapp) hat Firma NORLYS die Säulen ausgetauscht/übernommen, genauso wie scheinbar an vielen anderen Stellen in unserer Umgebung. Beim Ladeversuch in Lønstrup an einer der NORLYS-150kW-Stationen wurde unsere Kia-Karte anstandslos akzeptiert, allerdings der Ladevorgang mit 0V/0A/0kWh nach wenigen Sekunden laut Anzeige "erfolgreich beendet". Etwas enttäuschend.
Da der Strom über die NORLYS-App deutlich teurer sein sollte, haben wir weitere Versuche an deren Ladesäulen nicht vorgenommen.
Sehr angenehm und am günstigsten (3,25 DKK/kWh zwischen 0:00 und 18:00) klappte das Aufladen am Tesla-Supercharger in Hjørring, zumal dort mit 28 Ladesäulen immer sofort etwas frei war. Auch dort kam uns direkt ein TESLA-Mitarbeiter entgegen und wies darauf hin, dass wir an älteren, etwas langsameren Chargern stehen würden, auf der anderen Seite der Tankstelle an den neuen Ladesäulen viel schneller tanken könnten.
Bei der nächsten Nachladung versuchten wir es an den neueren, superschnellen TESLA-Chargern. Leider mit dem gleichen Effekt wie an den NORLYS-Chargern: Nach erfolgreicher Akzeptanz und Start wurde der Ladevorgang durch die Säule sofort wieder beendet. Scheinbar sind die superschnellen zumindest dort doch nicht für "Nicht-Tesla-Fahrer" (oder für die 800V-Technik unseres Autos) freigeschaltet. Das Nachladen an den langsameren Säulen (mit nur ca. 120 kW) klappte aber problemlos.
Viel zu schnell war der sehr schöne Urlaub vorbei und die Rückreise, Samstagmittag zusammen mit vielen anderen, begann. Sie lief ab mit problemlosen Ladestopps je 10 Minuten in umgekehrter Reihenfolge wie auf dem Hinweg.
Darüber gibt es nicht viel zu berichten, außer noch einmal zu sagen, wie gut alles funktioniert hat. Lobend zu erwähnen ist noch der unserer Einschätzung nach durch die sinnvollen Geschwindigkeitsbegrenzungen völlig staufreie Weg bis zur deutschen Grenze. Danach dann leider einige größere Verzögerungen und Staus, bis wir abends gut erholt wieder in Bremen ankamen.
Die Reise nach und in Dänemark ist auch mit einem Elektro-PKW völlig problemlos möglich, eine Lade-Infrastruktur in Dänemark ist ausreichend und teilweise besser als in Deutschland vorhanden.
Eine Vorplanung und passende Ladekarten/-Apps sind nicht zwingend notwendig, aber hilfreich, um Kosten zu sparen und sehr entspannt zu reisen.
Nicht nur den Urlaub, sondern auch die entspannte Fahrt mit dem zukunftsorientierten und abgasfreien Elektro-Auto in Dänemark können wir empfehlen.
Dänemark, wir kommen wieder!